In Deinen Armen liegen und wissen, nicht bleiben zu können. In Deinen Augen zu versinken und wissen, wieder auftauchen zu müssen. In Deiner Nähe ertrinken und wissen, doch nicht daran zu sterben. Sich Dir öffnen können und wissen, nicht ausgeraubt zu werden. Das mag wohl Liebe sein.
Die Liebe ist ausdauernd und gütig, sie ist nicht eifersüchtig und macht nicht große Worte. Die Liebe stellt sich nicht zur Schau. Die Liebe will nicht auf ihre Kosten kommen, sie fragt nicht: "Was habe ich davon?" Die Liebe lässt sich nicht zu Zank verleiten, sie trägt nicht nach. Sie bedauert Unrecht und freut sich an der Wahrheit. Die Liebe kann ertragen, sie hat immer noch Vertrauen, hat immer noch Hoffnung, hat immer noch Geduld. Diese Liebe kennt kein Ende.
Die Liebe hat tausend Gesichter und ist doch immer dasselbe; sie ist zugleich vieldeutig und einfach, ist labyrinthisch und schlicht. In ihrem Raume ist die äußerste leidenschaftliche Benommenheit möglich, aber auch das reinste Opfer. Sie reicht hinab in die Abgründe der Seele, in die verhängten Zonen, auf denen uraltes Tabu liegt und wo Schrecknisse lauern, und sie reicht hinauf in den Gipfel der höchsten Geistigkeit.
Die Liebe ist verborgen. Nie hat jemand sie von Angesicht gesehen. Wie lange noch reden diese Liebenden sinnloses Gefasel? Ein jeder faselt nach seinem eigenen Denken über die Liebe; Doch die Liebe ist jenseits von allem Denken, von diesem und jenem.
Die Liebe ist der höchste Adel der Seele, sie ist auch der unerschöpfliche Quellgrund ihrer Kraft. Alles Große hat die Liebe, die Begeisterung geschaffen. Die Liebe weckt die schlummernden Kräfte, sie beflügelt den Geist, sie überwindet jede Schwere, sie läßt das größte Opfer gering erscheinen.