Frau Karin muss heut erst zur Bank, sie hat zu wenig Sprit im Tank. Dass sie am Schalter warten muss, bereitet ihr ganz schön Verdruss.
Da plötzlich hört sie einen Knall, ein Mann stürmt rein, schreit: „Überfall!“ Wie eine aufgeschreckte Herde wirft alles flach sich auf die Erde.
Frau Karin brüllt den Räuber an, was dieser gar nicht leiden kann. Dann fällt ein Schuss, trifft Karin schwer. Nun braucht sie auch kein Spritgeld mehr.
Frau Karin möchte Urlaub machen, drum packt sie ein die Badesachen. Frau Karin hasst Malaria, drum geht’s nach Gran Canaria. Dort gibt es Haie an der Zahl, doch keine Tse-tse-Fliegenqual.
Wie sie so liegt am heißen Strand, die BILD von gestern in der Hand, denkt sie für sich, es kann nicht schaden, ich geh’ erst mal ein bisschen baden, es ist so herrlich hier und warm. Was sie nicht hört: Den Hai-Alarm.
Sie stürzt sich in die kühlen Fluten, beachtet nicht das laute Tuten. Die Aufsicht schreit, gestikuliert. Frau Karin denkt, ob der wohl friert? Vielleicht kämpft dieser kleine Dicke gerade mit ´ner Tse-tse-Mücke.
Dann sieht sie die zwei Flossen kommen, noch nicht ganz klar, nur leicht verschwommen. Der Hai beißt tief in sie hinein. Vor Schreck kann sie nicht einmal schrei’n. Sie denkt nur noch im Schmerzensfieber: Die Tse-tse-Fliege wär’ mir lieber.
Frau Karin hat, sie muss gestehen, noch keinen Bauernhof gesehen. Sie weiß fast nichts vom Bauernhof, für sie sind alle Bauern doof. „Sie waten immer nur im Dreck und räumen die Fäkalien weg.“
Dann fragt Hans aus dem Freundeskreis, ob sie denn wirklich noch nicht weiß, wo all die schönen Steaks herkommen. Frau Karin sagt: „Hab’ angenommen, der Metzger stellt sie selber her, für einen Metzger doch nicht schwer!“
Der Freund, er lacht und lädt sie ein, am Samstag mal sein Gast zu sein. „Wir werden eine Kutsche buchen und einen Bauernhof besuchen.“
Frau Karin zieht sich sehr chic an, will imponieren diesem Mann. Sie holt die Stola aus der Truhe und steigt dann in die Stöckelschuhe.
Sie möchte diesen Landbanausen, die wohl noch zwischen Brettern hausen, mal zeigen zwischen all dem Mist, was eine Großstadt-Lady ist.
Der Hof erscheint ihr sehr gepflegt, Frau Karin ist schon aufgeregt, entdeckt drei Tiere hinterm Zaun. Der Landwirt sagt: „Das sind die Sau’n.“
Sie sind ganz hell mit dunklen Flecken. Frau Karin möcht’ die Hand ausstrecken und eine Sau mal leicht berühren. Der Bauer öffnet ihr die Türen.
„Geh’ nur hinein, du Großstadtkind, dann siehst du wie die Viecher sind“, denkt er und sagt: „Die beißen nicht“ schaut grinsend ihr ins Angesicht.
Die Dame will sich nicht blamieren und geht hinein zu den drei Tieren. Der Eber mustert sie ganz groß, begrüßt sie mit ´nem leichten Stoß.
Frau Karin rechnet damit nicht, verliert das Stöckel-Gleichgewicht und landet mit ´nem lauten „Patsch“ der Länge nach im Schweinematsch.
Zuerst kann sie rein gar nichts sagen, der Landwirt will auch gar nichts fragen, er holt den Eimer für das Vieh, gießt kaltes Wasser über sie.
Und während sie auf Steinen sitzt, wird sie mal richtig abgespritzt. Die Bäuerin, obwohl noch fremd, leiht ihr ein buntes Bauernhemd.
Nachdem sie schließlich frisch gewaschen, bringt Oma ein paar gute Flaschen. Der Korken knallt, die Erde bebt, wer hat denn so was schon erlebt?
Frau Karin ist ganz heiter drauf und nimmt des Bauern Worte auf. Sie lernt, wie Schweinesteaks entstehen und Bauern sonntags „fein“ aussehen.
Hat auf der Heimfahrt laut gelacht, „Ja, so was hätt’ ich nie gedacht!“ Die Stöckelschuhe sind dahin. Trotzdem, für Karin ein Gewinn!
Wer je Frau Karin hat geseh’n, der sagt, sie sei besonders schön. Und trotzdem hat sie keinen Mann, was niemand recht verstehen kann.
Frau Karin denkt, so geht’s nicht mehr, wo krieg’ ich einen Mann bloß her? Ob sich das Glück wohl zwingen lässt in München beim Oktoberfest?
Doch schon sind da die ersten Fragen: Was soll ich eigentlich dort tragen? Was ist für’s Fest das beste Kleid? Wie weck’ ich andrer Frauen Neid?
Da fällt ihr echt was Tolles ein: Ein schickes Dirndl muss es sein! Doch neue Dirndl, die sind teuer, dazu kommt noch die Mehrwertsteuer.
Soll sie sich selbst den Wunsch verweigern? O nein, bei Ebay kann man steigern. Man bietet auf gebrauchte Sachen kann manchmal auch ein Schnäppchen machen.
Sie sucht sich aus, was ihr gefällt, bis sie den Zuschlag dann erhält. Das Dirndl ist ein guter Kauf und schwarze Stiefel obendrauf.
Ihr Dekolleté ziert eine Kette, die Männer werden, jede Wette, in großen Scharen auf sie fliegen und alles tun, sie zu besiegen.
Frau Karin wirft sich in die Brust, fast kriegt sie auf sich selber Lust, sie findet sich so wunderschön, welch Jüngling sollt’ ihr widerstehn?
„Ich lach’ mir einen Tänzer an, und eins, zwei, drei hab’ ich ´nen Mann. Bestimmt werd’ ich den Traumprinz finden und ihn mit Liebe an mich binden.
Wie viele haben in drei Stunden in München schon ihr Glück gefunden?“ So packt sie ihre Sachen schnell und sucht sich online ein Hotel.
Dann fährt sie los, frisch parfümiert, nach München, bayrisch ausstaffiert. Tritt ein ins große Wies’n-Zelt, mein Gott, was kostet heut’ die Welt!
Und die Kapelle spielt zum Tanze, Frau Karin denkt: „Ich geh’ auf’s Ganze. Das Zelt ist voll, die Stimmung gut, mal sehen, was sich heute tut.“
Sie lächelt einen Bayern an, der kaum noch grade stehen kann. Der trinkt nur Bier und Schnäpse pur, von Tanzenwollen keine Spur.
Dann sieht sie zwei Japaner sitzen, sich in der Diskussion erhitzen. Als einer aufsteht, sieht sie gleich, dass der ihr bis zur Schulter reicht.
Ein fescher strammer Bursche dort, als sie ihn anlacht, schaut er fort. Und auch da drüben, diese Wanzen, woll’n alles andre, nur nicht tanzen.
Sie wartet, sitzt und sitzt und wartet, ob doch ein Mann noch zu ihr startet. Ja, viele schauen sie groß an, doch keiner traut an sie sich ran.
Für Karin wird es nun zur Qual. „Wann kommt denn endlich Damenwahl?“ Und als die kommt, da kann man sehen, wie alle plötzlich pinkeln gehen.
Zum Schluss kommt doch ´ne lahme Ente, die auch ihr jüngster Sohn sein könnte. Frau Karin denkt: „Das ist ja toll“, erhebt sich langsam, hoffnungsvoll.
Der Mann schwankt leicht schon aus der Spur, dann fragt er sie - nach Feuer nur. Drauf sagt Frau Karin ganz betroffen: „Der ist ja auch total besoffen!“
Legt ihre Hand vor ihr Gesicht, „So etwas gibt es einfach nicht!“ Sie tut sich wirklich selber leid in ihrem schönen Dirndkleid.
Ob alle diese müden Knaben denn so viel Angst vor Schönheit haben? Frau Karin kann das nicht verstehen, und sie beschließt, jetzt heimzugehen.
Enttäuscht verlässt sie dieses Zelt. „Du bist zu schön für diese Welt!“ denkt sie, und ihre Liebeslust weicht einem tiefen Männerfrust.
Das Dirndl, Stiefel und ein Mieder versteigert sie bei Ebay wieder. „Das nächste Mal fahr kurzerhand ich gleich nach Sylt zum Hundestrand!“
Ein Mäuslein trifft am Waldesrand den riesengroßen Elefant. „Was bist du groß!“, sagt es erstaunt. „Was bist du klein“, der Ele raunt.
So gehen sie für eine Weile, das Mäuschen schnell, er ohne Eile. Da kommen sie an einen Fluss, den irgendwie man queren muss.
Bald finden sie auf ihrem Weg aus Holz hinüber einen Steg. Der Elefant stampft auf das Holz, das Mäuslein brüstet sich voll Stolz und wispert mitten über’m Bach: „Wir beide machen einen Krach!“
Wo alle Wege enden, ist leerer Raum. Wo Macht und Geiz verblenden, kann nie der Traum vom großen Glück auf Erden wahrhaft verwirklicht werden.
Wo Licht ist, ist auch Schatten, Reichtum lebt von der Not. Oft raubten noch die Satten den Armen das letzte Brot. Wenn jeder jeden leben ließ, dann wär’ die Welt ein Paradies.
Die Hoffnung auf ein bess’res Leben in Frieden und Gerechtigkeit kann Mut und Kraft den Armen geben, trotz Elend, Kummer, Not und Leid. Nur wer die Hoffnung nicht mehr kennt, ist arm, auch wenn man reich ihn nennt.