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 Geschichten
greatmum4 Offline




Beiträge: 2.558

04.08.2006 22:01
RE: Wunschpunkte - Gute-Nacht-Geschichte von A.Sch. Antworten

Wunschpunkte

Eine Gute-Nacht-Geschichte für Kinder.

Es war ein herrlich warmer Frühlingstag. Hanna und Lukas standen am Kinderzimmerfenster. Sehnsüchtig starrten sie durch die Scheibe. Am liebsten würden sie jetzt draußen spielen. Aber sie durften nicht. Vorher sollten sie ihr Zimmer aufräumen, hatte ihre Mutter gefordert. Hanna seufzte. Sie hatte überhaupt keine Lust zum Aufräumen. Lukas auch nicht. Er beobachtete lieber einen Marienkäfer, der außen auf der Fensterscheibe krabbelte. Sssst machte es, und der Marienkäfer schwirrte durch den offenen Fensterspalt ins Zimmer hinein. Er landete in der Gardine.

„Hey, guck mal!“ Lukas stieß Hanna in die Seite. “Ist der nicht klasse?“ Vorsichtig streckte er einen Finger aus. Der Käfer krabbelte hinauf. „Das kitzelt“, lachte Lukas.
“Lass mich auch mal!“, Hanna streckte ebenfalls ihren Finger aus.
“Nee, jetzt nicht“, wehrte Lukas ab und zog seinen Finger zurück. Erschreckt flog der Marienkäfer auf, schwirrte ein bisschen herum und landete dann auf Hannas Hand. “Jetzt ist er bei mir“, freute sich Hanna. Langsam hob sie die Hand und sah sich den Kä,fer genau an. „Komisch“, wunderte sie sich. „Er hat sieben dunkle Punkte und drei goldene.“
“Was? Das kann nicht sein“, meinte Lukas. „Marienkäfer haben keine goldenen Punkte.“
“Dieser schon“, beharrte Hanna, und sie zeigte Lukas die kleinen Pünktchen.
„Na, wenn schon.“ Lukas zuckte gleichgültig mit den Schultern. Der Käfer war ihm bereits langweilig geworden. „Ich will jetzt endlich nach draußen. Ich wünschte, unser Zimmer wäre schon aufgeräumt.“

Wie durch Zauberhand wirbelten auf einmal alle Sachen im Zimmer herum: Die Bausteine landeten in ihrem Eimer, Hannas Puppe im Puppenbett, Lukas Bilderbücher im Regal. Auch die verstreuten Socken plumpsten einer nach dem anderen in den Wäschekorb. In Nullkommanix war das Zimmer aufgeräumt.
Hanna und Lukas sperrten vor Staunen den Mund auf. „Was war denn das?“, fragte Lukas verblüfft.
“Ich glaube, dein Wunsch ist gerade in Erfüllung gegangen“, flüsterte Hanna.
“Das gibt’s nicht“, behauptete Lukas. „Wenn ich zum Beispiel sagen würde: Ich wünschte, mein Fahrrad wäre wieder heile. Dann wäre es doch trotzdem noch kaputt. Papa muss erst den Reifen flicken. Von alleine geht das nicht.“ „Das weiß doch jeder!“, fügte er noch hinzu.
“Da wäre ich nicht so sicher“, sagte Hanna, die inzwischen zum Fahrrad gelaufen war, das in einer Ecke stand. Sie bückte sich und sah genau hin. Beide Räder hatten Luft. Sie setzte sich auf den Sattel, trat einmal die Pedale und rollte durchs Zimmer. „Siehst du?“
Lukas war fassungslos. „Aber, aber, das geht doch gar nicht“, stotterte er.
“Ich glaube, es hat mit dem Marienkäfer zu tun“, überlegte Hanna. Sie trug den Käfer immer noch auf der Hand und blickte jetzt nachdenklich auf seine Flügel. „Lukas, er hat nur noch einen goldenen Punkt“, rief sie aufgeregt.
“Du meinst …?“
“Genau! Das sind Wunschpunkte“, erklärte Hanna. „Drei goldene Punkte waren es. Dann hast du dir zwei Sachen gewünscht. Und genau zwei Punkte sind verschwunden.“
“Wenn jetzt nur noch ein Punkt da ist“, grübelte Lukas, „dann haben wir auch nur noch einen Wunsch frei.“
“Sieht so aus“, nickte Hanna.
“Und was wünschen wir uns?“, fragte Lukas.
“Vielleicht eine Tüte Gummibächen“, schlug Hanna vor.
“Das ist blöd! Besser was Größeres. Wie wäre es mit einem Schwimmbecken im Garten?“
“Das ist noch blöder! Dafür ist gar kein Platz. Wir nehmen ein Pony!“, bestimmte Hanna.
“Ein Schwimmbecken!“, fauchte Lukas.
„Ein Pony!“ Hanna ließ nicht locker.

Sie konnten sich nicht einigen und zankten laut miteinander. „Ich wünschte, der dumme Käfer hätte überhaupt nur zwei Punkte gehabt“, schrie Hanna schließlich wütend. Als sie merkte, was sie gesagt hatte, schlug sie schnell die Hand auf den Mund. Aber es war zu spät. Schon löste sich der letzte goldene Punkt auf dem Flügel des Marienkäfers auf.

"Ja, das mit dem Wünschen ist gar nicht so einfach", kicherte der Käfer ganz leise. Aber das hörten Hanna und Lukas nicht. Als der Käfer durch das Fenster davonflog, bildeten sich auf seinen Flügeln bereits neue Wunschpunkte.

© Anke Schiermeyer im April 2006

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